Brennen von Keramik

- Ein Selbstversuch im Feld-/ Grubenbrand -
Hintergrund:
Den Großteil der hochmittelalterlichen Keramik macht Drehscheibenware oder nachgedrehte Ware aus. Auch wenn es um 1200 in Südwestdeutschland noch kein Steinzeug (durchgesinterte wasserdichte Keramik, über 1350°C gebrannt) gibt, sind doch die meisten Gefäße in einem richtigen Brennofen bei Temperaturen oberhalb von 1000°C gebrannt. Für das Remstal lässt sich das beispielsweise in Buoch nachweisen, wo die rotbemalte schwäbische Feinware hergestellt wurde (vgl. Gross 1991). Obwohl kein Töpferofen entdeckt wurde, so kann man anhand der Härte der Scherben und der Fehlbrände auf die Brenntemperatur rückschließen.

Inzwischen gibt es aber auch Stimmen, die auch für das Hochmittelalter noch von Feld- oder Grubenbränden für die einfache Gebrauchskeramik ausgehen (vgl. zur Albware: Bizer 2006, 25).

Einen solchen Versuch haben wir am 1. Mai 2012 auf der Bachritterburg in Kanzach unternommen:

Schon im vergangenen Jahr hatten wir unter der Wiese sehr feine Sedimente entdeckt, welche sich nun bei genauer Untersuchung als Ton herausstellten. Ton besteht aus verwitterten Ergussgesteinen, die in Partikeln kleiner als 2 Mikro- meter vorliegen, also deutlich feiner als Lehm sind. Solche Teilchen werden manchmal entlang von Bächen, wie hier der Kanzach abgelagert. Da die Partikel so klein sind, kann man zwischen den Fingern keine Körnung mehr feststellen. Das Sediment sollte nicht in den Fingerrillen kleben bleiben und beim Biegen brechen. Sind diese Bedingungen erfüllt, haben wir wahrscheinlich Ton vor uns. Wir hatten ihn in etwa 50cm Tiefe gefunden und fleißig ergraben.

Früher hätte man ihn nun zunächst über Winter gewettert, also an offener Luft gelagert, damit er immer wieder aufweicht, trocktet, reißt und sich so homogenisiert.

Statt dessen mussten wir den Ton von Erde befreien und magern. Unter Magerung versteht man das Beimischen von anderen Substanzen zur Verbesserung der Trocken- und Brenneigenschaften. Wir haben uns an die lockalen Vorkommen von Quarzsand und Dreschabfällen gehalten.

Der Ton musste dann in kleinen Portionen lange durchgeknetet werden um ihn homogen zu machen und das Anmachwasser und die Magerung gleichmäßig zu verteilen. Dann haben wir uns an die Formgebung gemacht. Da wir keine Töpferscheibe hatten, haben wir uns mit Murmeln, Gusstiegeln, Spielfiguren, Lämpchen und Spinnwirteln begnügt. Die Objekte wurden dann für nur drei Tage in der prallen Sonne getrocknet. Das geht nur bei phantastischem Wetter!

Am vierten Tag haben wir dann den eigentlichen Brand durchgeführt:

Schon am Morgen haben wir eine niedrige Grube ausge- hoben um die Tonobjekte vor Wind zu schätzen, welcher die Tonkörper zum Reichen hätte bringen können. In der Grube haben wir ein Feuer entzündet und herunter brennen lassen. An dieses Feuer haben wir langsam die getrockneten Tonkörper an- genähert.



Als das Feuer zu einer Glut und Kohle herabgebrannt war, musste alles sehr schnell gehen. Es wurde eine Fläche aus drei Lagen sehr feinen Holzscheiten aufge- schichtet. Auf diese wurden dann die Tonobjekte gestellt ehe das Feuer sie erfasste. Vorsichtig wurde nun alles mit einem riesigen Berg feinem Brennholz überdeckt, das sofort heftig aufzulodern begann.

Leider hatten wir nur Nadelholz zur Verfügung. Mit getrocknetem Eichen- oder Buchenholz hätten wir sicher deutlich höhere Temperaturen erreichen können.

So wurde eine starke Stunde nachgefeuert. Wichtig ist, dass der Ton für längere Zeit deutlich über 500°C erhitzt wird (er sollte glühen), sodass das molekular ge- bundene Wasser entschwin- det und der sich erste Quarzsprung vollziehen kann. Erst dannach haben wir wirklich Keramik, die sich mit Wasser nicht mehr aufweichen lässt. 600-800°C wären also eine gute Temperatur. Nach einigen Stunden ohne Nachlegen kamen dann langsam unsere Obekte zum Vorschein.

Als wir sie nach dem Abkühlen bergen konnten stellten wir begeistert fest, dass nur ein Spielzeugtier und eine Murmel geplatzt waren; eine super Ausbeute für den ersten Versuch, die wir aber sicher auch der nicht so hohen Temperatur der Fichte zu verdanken haben.

Die Keramikobjekte sind noch sehr porös und spru- deln im Wasser, weichen aber auch nach einem Tag in Wasser nicht mehr auf: Wir sind sehr zufrieden und werden das sicher nochmal wiederholen um die Brenntemperatur zu toppen.
Hier mal ein Teil der Ergebnisse:



Fazit:
Das Graben nach Ton, der ja nicht überall vorhanden ist, das anschließende Reinigen und langes Durchkneten, das Magern und Brennen sind sehr aufwendig. Nur wenige hatten damals einen Brennofen zur Verfügung und auch das Bruchrisiko ist sehr hoch, die Objekte keineswegs optimal. Es wird also deutlich, warum Daubengefäße gerade unter dem Trinkgeschirr weiter verbreitet waren. Ein geübter Handwerker ist hierbei deutlich schneller und ortsunabhängiger. Und wenn es doch mal fällt, weis man eben, was man an Holz hat...

Literatur:
-Ch. Bizer, Oberflächenfunde von Burgen der Schwäbischen Alb. Forschungen und Breichte der Archäologie des Mittelalters in Baden-Württemberg 21, Stuttgart 2006.
-U. Gross, Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und Schwäbischer Alb, Stuttgart 1991.
-A. Hofmann, Ton. Finden, Formen, Brennen. Köln 1982.
-R. Löffler, Die Rohmaterilaien des Töpfers. Archäologische Informationen 10, 1987, 166-174.
-R. Schreg, Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit, Tübingen 52007.
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