Gießen eines Pilgerzeichens

Auch wenn Pilgerzeichen im Hochmittelalter noch nicht sehr häufig waren und Zinnabzeichen generell als typisch spätmittelalterlich gelten, soll hier die Herstellung eines hochmittelalterlichen Pilgerzeichens vorgestellt werden.

Das Original

Das Vorbild ist ein spätromanisches Pilgerzeichen aus Köln, das von 1164 bis Mitte des 13. Jhs. im Umlauf war. Im Hintergrund ist noch schemenhaft der alte romanische Dom zu sehen. Im Vordergrund die sitzende Maria mit dem Christuskind auf dem Schoß. Über ihr der Stern von Bethlehem. Die heiligen drei Könige, deren Reliquien Barbarossa nach Köln gebracht hatte, kommen mit Gaben auf Maria zu. Pilgerzeichen wurden i.d.R. aus einer Zinn-Blei-Legierung gegossen. In diesem Fall liegt auch ein silbernes Exemplar aus Magdeburg vor.

Die Herstellung

Zunächst wurde mithilfe eines kleinen Meißels das spiegelverkehrte Negativ in einen flachen Sandstein geritzt und mit einem Gusstrichter und feinen Adern zum Entweichen der Luft versehen. Es hat sich gezeigt, dass ein breiter Gusstrichter notwendig ist, um das flüssige Metall gleichmäßig zu verteilen. Im archäologischen Fundgut treten für derart niedrigschmelzende Metalle auch Kalksteinformen auf (vgl. Kat. Magdeburg 2009, S. 494-514).

Anschließend wurde in einem Gusstiegel eine Zinn-Blei-Legierung geschmolzen (ca. 350-400°C). Parallel dazu wurden die Gussform und ein flaches Gegenstück vorsichtig im Feuer erhitzt, damit das Metall nicht zu schnell erkaltet.

Nachdem die Legierung flüssig und die Steinplatten heiß waren, wurden die beiden Schalen aneinander gedrückt und das Metall eingegossen. 

Nachdem das Metall am Gusstrichter erstarrt war wurde die Form in die waagrechte gekippt und mitsamt ihrem Gegenstück geschüttelt, um das Metall auch in die Ecken und Ösen der Form zu bringen.

Nach einer halben Minute Abkühlung wurde die Gegenplatte abgenommen. Es empfielt sich nun, das fertige Stück erst nach einigen Minuten zu entnehmen, damit es nicht bricht.


Als letztes muss der Guss noch von den Gussnähten befreit und poliert werden. Dann kann er auch einen Mantel oder eine Mütze aufgenäht werden.

Wenn man feine Luftblasen auch als gelungen ansieht, konnten wir eine Ausbeute von knapp 50% erlangen. Missglückte Exemplare wurden direkt wieder eingeschmolzen.

Literatur und Links:
Berger, Daniel: Steingussformen aus dem spätromanischen-frühgotischen Magdeburg. Archäometrische und experimentalarchäologische Untersuchungen zum mittelalterlichen Zinnguss an ausgewählten Fundstücken (Freiberg 2006).

Drescher, Hans: Zum Guß von Bronze, Messing und Zinn "um 1200", in: Steuer, Heiko (Hrsg): Zur Lebensweise in der Stadt um 1200 (Köln 1986), S. 389-404.

Haasis-Berner, Andreas/Poettgen, Jörg: Die mittelalterlichen Pilgerzeichen der Heiligen Drei Könige . Ein Beitrag von Archäologie und Campanologie zur Erforschung der Wallfahrt nach Köln. Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 30 (2002), S. 173-202.

Lambacher, Lothar: Stand und Perspektiven der europäischen Pilgerzeichenforschung, in: Religiosität in Mittelalter und Neuzeit (Paderborn 2011), S. 63-74.

Neubert, Andreas: Die Heiligen Drei Könige in der Altmark - ein Pilgerzeichen aus Köln inmitten der Stendaler Altstadt


Pilgerzeichendatenbank der Humbold-Universität Berlin

Außerdem diverse Ausstellungskataloge (u.a. Magdeburg 2009, S. 536 ff.)
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