Werkzeug & Nützliches


(Aus rechtlichen Gründen zeigen wir KEINE Bilder aus Museen und Handschriften ohne Genehmigung.)

Werkzeug


Schmieden

Der Hornamboss ist im hohen Mittelalter noch sehr selten, aber in kleinen Ausführungen durchaus auf zeitgenössischen Reliefs, Buchmalereien und Glasmalereien zu sehen. Viel typischer ist aber ein kleiner würfelförmiger Amboss. Um das glühende Werkstück aus der Glut zu holen, brauchte es einer Zange, die im hohen Mittelalter noch mit einem recht rundlichen unprofilierte Maul versehen war. Um ein zu großes Eisenstück zu kürzen, nutzte man einen Meißel oder Schrot. Beide Werkzeuge können auch zum Aufspalten von Enden usw. benutzt werden. Die Arbeitsspuren lassen sich noch an vielen Originalen erkennen. Der Werkzeugfund aus dem M�stermyr auf Gotland zeigt deutlich das weite Spektrum an Hammergewichten. Die Hämmer waren zumeist mit einer Bahn und einer Finne versehen. Um ein Loch in das Werkstück zu bekommen, trieb man einen Meißel hindurch. Unter dem Werkstück konnte dann ein Unterlagering gelegt werden, um das Aufschlagen des Meißels auf dem Amboss zu verhindern. Um Nägelköpfe und Nieten zu schlagen liegen aus archäologischem Kontext diverse perforierte Eisen vor. Nach dem Einsetzen der Niete konnte der gegenseitige Nietkopf mit einem Nietkopfschläger aufgesetzt werden.

unten: mittig typischer Hammer (hier nach Fund aus dem M�stermyr), rechts Dengelhammer, links leichter Schmiedehammer.

unten: Schrot und Meißel.



unten: Unterlagering (hier nach Fund aus dem M�stermyr), Nageleisen und Nietkopfschläger (hier nach Fund aus dem M�stermyr.



unten: zwei typische Zange.




Holzverarbeitung

Da die Arbeit mit großen Sägen sehr aufwendig und teuer war, geschah die grobe Arbeit, mit Spaltkeilen und einem schweren Holzhammer, wie eine Initiale eine Dijoner Handschrift aus dem Jahre 1111 zeigt. Die so gewonnenen Spaltbohlen konnten dann mithilfe einer Doppelbartaxt zu sauberen Balken und Brettern hergerichtet werden. Um grobe Stücke durch Kerben abzutrennen, fanden symmetrische Doppelbartäxte Verwendung, zum Ausarbeiten der Fläche einseitig ausgestellte Vertreter, damit man neben den Balken stehen konnte. Im späten Mittelalter verschwindet der obere Bart. Zur feinen Glättung der Oberflächen dienten seltener frühe Hobel, wie sie archäologisch gelegentlich überliefert sind. Auch Ziehklingen und Schäleisen verschiedener Form, wie die Funde aus dem M�stermyr sind archäologisch ab und zu auf uns gekommen. Um Verbindungen usw. zu schaffen, wurden kleinere Holzhammer und verschiedene Stechbeitel eingesetzt. Die Sägen, die sich in Form einer Stichsäge (M�stermyr um 1100), Gestellsäge (Glasmalerei Chartres um 1210) und Bügelsäge (M�stermyr um 1100, Relief Bamberger Dom um 1230) nachweisen lassen, dienten vermutlich v.a. für Arbeiten quer zur Faser.

Löcher wurden mit sogenannten Löffelbohrern durch Hin- und Herdrehen eingesetzt. Um eine sichere Führung zu garantieren konnte man sich mit einem Brustschild darauf stützen.

Um Hohlformen auszuarbeiten konnte eine Dechsel (Axt mit querstehender Klinge) von Nutzen sein.

Hammerköpfe mit Krähenfuß dienten dazu, die teuren Eisennägel wieder aus dem Holz zu ziehen. Sie finden sich häufig auf Abbildungen und liegen auch als Realie vor.

unten: Stichsäge (hier nach Fund aus dem M�stermyr um 1100), Bügelsäge (nach Relief im Bamberger Dom um 1230), Gestellsäge (nach Glasmalerei in Chartres um 1210), Spaltkeil (nach Fund aus Baden-Württemberg), Holzhammer (nach Abbildung in Dijoner Bibel 1111), einseitige Doppelbartaxt (nach Gewässerfund aus Ulm), Ziehklinge (diverse Funde), zwei Schäleisen (nach Funden aus dem M�stermyr um 1100), Stechbeitel (nach Funden aus Schleswig nach 1280).


unten: Nachbau eines Dechsels aus Schleswig, um 1200.
unten: Doppelbartaxt mit leicht ausgestelltem Schaft nach Fund aus Ulm Foto: fb).


unten: zwei typische Hammer mit Eisenkopf. Links: Maurerhammer. Rechts: Zimmermannshammer mit Hahnenkralle nach Fund aus Schwaigern (12.-15. Jh., zu sehen im Archäolgischen Landesmuseum Konstanz).

unten: Holzhammer und Stechbeitel nach Funden aus Schleswig nahc 1280.


unten: Rekonstruktion eines Hobels aus Schleswig, um 1100. Der vordere Teil fehlt am Original. Nur das Hinterteil mit Tierkopfgriff aus Ahorn, Eisenbolzen und Holzkeil sind erhalten.


unten: Nachbau zweier Löffelboher, wie man sie in ganz Deutschland aus dem Hochmittelalter findet.


Konstruktionshilfen
Besonders am Bau ist Präzision gefragt. Dafür ist neben dem mathematischen Verständnis der Geometrie auch entsprechendes Werkzeug nötig. An dieser Stelle seien aus der großen Masse an Hilfsmitteln (Lot, Maßlatte, Messschnur usw.) nur Winkel, Zirkel und Dreizehnknotenseil herausgegriffen (weitere folgen).
Das Dreizehnknotenseil ist der Taschenrechner des Mittelalters. Mit ihm können alle geometrischen Figuren der Ebene dargestellt werden, sowie einfache Rechnungen gerechnet werden. Wichtig ist dafür der gleiche Abstand zwischen den dreizehn Knoten, welche das Seil in zwölf gleich lange Strecken teilen. Mit seiner Hilfe können zwar auch der Rechte Winkel und der Kreis dargestellt werden, jedoch werden hierfür mit Winkel und Zirkel auch spezielle Werkzeuge herangezogen. Der Zirkel arbeitet vermutlich mit zwei Spitzen, er ritzte also einen Kreis. Es finden jedoch auch deutlich filigranere Instrumente ihren Einsatz, als der unten abgebildete Nachbau.
Hier gibt es eine Bastel- und Gebrauchsanleitung für das 13-Knotenseil für Kinder!

Konstruktion


Textilverarbeitung
Das Handarbeitsgerät des hohen Mittelalters kommt dem modernen schon recht nahe. Wolle musst zunächst geschoren, dann gewaschen, gekämmt und gesponnen werden, bevor der Faden zu Garn oder Tuch verarbeitet werden konnte. Letzteres konnte dann noch gewalkt oder mit Karden aufgerauht werden.

unten: Wollkamm nach Relief am Nordportal von Chartres (um 1210)

Zum Zuschneiden wie zur Schur dienten sog. Bügelscheren. Genäht wurde mit Nadeln aus Knochen, Eisen oder Bronze. Ab und zu finden sich in archäologischem Zusammenhang kleinere Mengen Bronzenadeln mit Kopf, die als Stecknadeln gedient haben könnten. Eine Funktion als Haarnadel ist aber nicht wegzudiskutieren. Das gemeine Volk wird seine Stoffe sicher mit einem Heftfaden fixiert haben, der nach der endgültigen Naht entfernt wurde.

oben: zwei hochmittelalterliche Bügelscheren, Stecknadeln, eine Nadeldose nach Fund aus Schleswig, Nadeln aus Knochen, Eisen und Bronze und eine Fadenspule.


Lederverarbeitung
Um Leder zu verarbeiten bedient sich der Mensch des Mittelalters Werkzeugen, die so ähnlich heute noch in Gebrauch sind. Neben einer Ahle zum Stechen von Naht- und Gürtellöchern, wird ein Locheisen zum Stanzen von größeren Löchern unterschiedlicher Form verwendet.
Zum schneiden des Leders bedient man sich besonderer Messerformen, des Halb- und des Viertelmonds. Letzterer ist unten einem Fund aus Schleswig nachempfunden; ebenso das Locheisen.
unten: Ledermesser nach Fund aus Schleswig (13. Jh.), Locheisen nach Funden aus Schleswig (12.-13. Jh.) und Pfriem.

Lederwerkzeug


Winzermesser
Die Klinge eines ähnlichen Winzermessers wurde in unserer Nähe, in Beutelsbach, gefunden, wo schon lange Weinbau betrieben wird. Solche Winzermesser waren noch bis vor wenigen Jahrzehnten in Gebrauch.

Winzermesser


Nützliches


 
Maultrommel
Die Maultrommel erfreute sich im Mittelalter großer Beliebtheit. Sie war ein einfach herzustellendes Musikinstrument und leicht zu transportieren. Im 12. und 13. Jahrhundert finden sich noch hauptsächlich eiserner Exemplare. Die beiden Seitenbügel werden dabei von vorne an die Zähne gelegt und das mittlere Stäbchen dann rythmisch angeschlagen. Durch Verformung der Mundhöhle ergeben sich so unterschiedlichste Töne.
unten: Maultrommel aus Eisen, wie sie auf vielen Burgen und in Städten im 13. Jh. üblich waren (Nachbau).





Hygiene
Kämme machte man im Mittelalter vorzugsweise aus Buchsbaumholz. Solche Kämme, die nicht als Steckkämme dienten, haben in der Regel zwei Seiten mit unterschiedlich feinen Zinken. Gleiches gilt für sog. Dreilagenkämme aus Knochen. Da die einzenen Knochenplatten zu klein waren, wurden mehrere durch zwei Stege miteinander verbunden.
Wollte man Haare gänzlich entfernen, konnten sie mit Pinzetten ausgezupft werden.
unten: Dreilagenkamm aus Knochen, Buchsbaumkamm und Kupferpinzette nach Original vom Monts�gur (Frankreich).


Klappwaage
Klappwaage
Derartige Feinwaagen dienten im Mittelalter vor allem dem Münzwesen. Mit ihnen konnten die Münzen auf ihr gleiches Gewicht überprüft werden. Im Hochmittellater treten neben Waagen mit starren Waagbalken auch ab und zu solche mit Gelenken auf. Die Waage kann dann zusammengefaltet werden und ist nicht mher größer als ihre Waagschalen. Oft werden sie auch zwischen beiden Schalen gefunden.
unten: Unser Nachbau einer Klappwaage von der Ministerialenburg Merburg (Saarland). Datiert ins 12. oder frühe 13. Jahrhundert. Original und Nachbau aus gefeiltem bzw. getriebenem Messing (Literatur: Katalog "Mythos Burg", Nürnberg 2010, S. 211, Nr. 5.49)


Literatur


-J. M. Baart, Werkzeug, Get�t und Handwerksarten in der Stadt um 1200, in: H. Steuer (Hrsg), Zur Lebensweise in der Stadt um 1200 (Köln 1986) 379-388.

-G. Binding, Der mittelalterliche Baubetrieb in zeitgenössischen Abbildungen (Stuttgart 2001).

-F. Brenker, Für und wider das dunkle Mittelalter: Hochmittelalterliche Beleuchtungsformen im deutschen Südwesten. Ein interdisziplinärer Beitrag zur profanen Sachkultur des 12. und 13. Jahrhunderts (Bachelorarbeit Universität Tübingen 2013).

-U. Gross, Mittelalterliche Keramik zwischen Neckarmündung und Schwäbischer Alb (Stuttgart 1991).

-G. U. Großmann u.a. (Hrsg.), Mythos Burg. Eine Ausstellung des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg. 8. Juli bis 7. November 2010 (Dresden 2010).

-A. Heckel/J. Mauch, Erbach. Fundberichte aus Schwaben 18/2 (1967) 71, Taf. 146.

-W. Janssen, Handwerksbetriebe und Werkstätten in der Stadt um 1200, in: H. Steuer (Hrsg), Zur Lebensweise in der Stadt um 1200 (Köln 1986) 301-378.

-Ch. Krauskopf, Tric-Tray, Trense, Treichel, Untersuchungen zur Sachkultur des Adels im 13. und 14. Jahrhundert (Braubach 2005).

-D. M�hu, Das Mittelalter, Von Fürsten und Kaufleuten, München und Leibeigenen, Kreuzrittern und Minnesängern (Freiburg i. Br. 2008).

-M. Miller, Die Kathedrale von Chartres (Cambridge 2008).

-U. Müller, Holzfunde aus Freiburg und Konstanz (Stuttgart 1996).

-M. Puhle (Hrsg), Aufbruch in die Gotik, Der Magdeburger Dom und die späte Stauferzeit (Magdeburg 2009).

-H. E. Saggau, Ausgrabungen in Schleswig, Berichte und Studien 14, Mittelalterliche Eisenfunde aus Schleswig (Neumünster 2000).

-E. Schubert, Alltag im Mittelalter, Natürliches Lebensumfeld und menschliches Miteinander (Darmstadt 2002).

-Ch. V�terlein (Hrsg), Die Zeit der Staufer (Stuttgart 1977).
-V. Vogel (Hrsg), Ausgrabungen in Schleswig, Berichte und Studien 17, Holzfunde aus dem mittelalterlichen Schleswig (Neumünster 2006).
 

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