Kleidung


(Aus rechtlichen Gründen zeigen wir KEINE Bilder aus Museen und Handschriften ohne Genehmigung.)

Während Kleidung als funktionaler Körperschutz vor Witterung und Nacktheit schon lange bekannt war, sprechen einige erst ab dem 12. Jahrhundert von Mode, als eines sich um der Verändung Willen weiterentwickelnden Körperschmucks. Dies betrifft natürlich vor allem die Kleider der betuchteren Personen. Neue Trends kamen vor allem aus Frankreich. In dieser Hinsicht ist das frühe 13. Jahrhundert sehr spannend, da nun vermehrt gotische Elemente wie etwa der Tasselmantel oder das Gebende in Südwestdeutschland aufkommen.

Das im Folgenden Geschilderte beschreibt eine Art Stereotype – Ausnahmen bestätigen hierbei die Regel.

Allgemein unterscheidet sich die Kleidung (mhd. wât) im Hochmittelalter nach dem Geschlecht, sowie nach dem Reichtum und damit verbunden, nach dem Stand seines Trägers. Also etwa in den wohlhabenden Adel und das einfache Volk. Natürlich gibt es auch innerhalb eines Standes große Unterschiede, wie etwa zwischen einem reichen Grafen und einem einfachen Ministerialen. Im Folgenden soll speziell auf die Kleidung des niederen Adels und der Ministerialität, sowie auf die des einfachen Volkes eingegangen werden. Dabei muss angefügt werden, dass die Bildquellen vor etwa 1230 fast ausschließlich biblische und religiöse Szenen zeigen. Es ist deswegen nicht einfach herauszufinden, für welche der Figuren eine übliche Adelstracht als Vorbild diente. Überhaupt sind der Bibel entsprechend hauptsächlich Könige abgebildet. Darüberhinaus spielt die kontinuierliche Entwicklung und die räumliche Verbreitung der Mode eine entscheidende Rolle. In unserem Fall handelt es sich um das frühe 13. Jahrhundert in Südwestdeutschland, kurz vor dem Auftreten gotischer Modeelemente. Allerdings müssen wir einräumen, dass die Sachkultur und Gewandung eines Ministerialen im Vergleich zum Adeligen nicht leicht zu fassen ist und hier deswegen in einem behandelt werden. Wir greifen dabei auf die üblichen Darstellung des Adels zurück.

Stoffe
Leinen wird im Hochmittelalter teilweise selbst gewoben und ist damit ein regionales Produkt. Es ist nicht so kratzig wie Wolle und deswegen angenehmer auf der Haut zu tragen. Vor allem aber kann es mit mittelalterlichen Mitteln einfach und gänzlich gewaschen werden. Die Unterwäsche bildet so eine waschbare Schicht zwischen dem schweiß- und fettabsondernden Körper und der schwer zu reinigenden Oberbekleidung.

Wolle beschert dem Träger auch eine angenehme Wärmeisolierung und lässt sich mit Pflanzen wunderschön färben (s.u.). Die archäologischen Funde bringen meist leichte Wollstoffe in Köperbindung. Das Aufkommen von Walkmühlen sowie die Textilfunde selbst zeigen, dass die Stoffe noch gewalkt und geschoren wurden. Während die einheimischen Tuche zumeist grau ("pannus griseus"=ungefärbt) waren und zu Beginn des 14. Jahrhunderts in Nürnberg etwa 15 Heller pro Elle kosteten, kamen feine gefärbte Tuche zumeist aus Flandern und vom Niederrhein und kosteten  etwa 50-150 Heller je Elle. Das teuerste Tuch war Scharlach mit 327 Hellern pro Elle.

Seide kommt lediglich bei den wohlhabenderen Herrschaften vor. Auch Baumwolle kommt erst im Laufe des 13. Jahrhunderts als Mischgewebe aus dem Orient nach Europa, bleibt aber sehr selten.

Leder findet außer in Schuhen, Gürteln und Beuteln kaum Verwendung.

Fell und Pelz sind auf Abbildungen nur recht selten zu finden, treten aber in  Schriftzeugnissen auch für einfachere Menschen durchaus häufiger vor und scheinen vor allem als Futter recht verbreitet gewesen zu sein. Die Reichen bedienten sich an edlen Pelzen für optische Zwecke, die ärmeren griffen auf Schafsfelle und Pelze von Niederwild und Nagetieren zurück.

Genäht wird im Mittelalter natürlich von Hand, meist mit Leinenfaden, seltener mit Seide.
Nachdem die Materialeigenschaften geklärt sind, nun einen genaueren Blick auf die Mode der Spätromanik des frühen 13. Jahrhunderts.


Farbe und Kleidervorschriften

Gefärbt werden diese Stoffe mit pflanzlichen oder tierischen Naturmaterialien, wobei bei neben ungefärbtem Grau vor allem Waid (blau) und Krapp (rot-braun) nachweisbar sind. Auch hier werden die sozialen Unterschiede deutlich, da manche Farben sehr teuer sind, so etwa dunkles Blau aus Waid, Dunkelgrün aus Waid und Reseda, oder gar Purpur. Purpurfarbene Seidenstoffe sind nur in seltensten Fällen wirklich mit der Purpurschnecke gefärbt worden, so etwa die Kaisertunika in Wien. Die meisten violetten Gewänder in Domschätzen sind mit Krapp und anderen Substanzen wie Waid, Kermeslaus oder Rotholz nachgeahmt. Günstigere Farben waren Braun, Gelb und Hellgrün, da sie recht einfach und günstig herzustellen sind, doch auch blau findet sich häufig auf bäuerlichen Darstellungen und war in manchen Regionen weit verbreitet. Dennoch werden wahrscheinlich viele Stoffe in den natürlichen Wollfarben der Schafe getragen (braun, grau, schwarz), s.u.
Abb. 1: Ein kleiner Ausschnitt, des mit zeitgenössischen Färberpflanzen möglichen Farbspektrums auf Wolle (Foto: fb).

Gute Wollstoffe werden im Hochmittelalter meist aus dem Norden importiert, ein Beispiel dafür stellt der rote oder braune Scharlach aus Flandern dar. Städtische Farbvorschriften sind aus dem frühen 13. Jahrhundert noch nicht überliefert. Lediglich die höfischen Epen lassen einige Rückschlüsse zu, es scheint aber noch keine Schandfarben gegeben zu haben. Das einzige Zeugnis, welches eine Art Kleiderordnung darstellt ist ein Ausschnitt aus der Mitte des 12. Jahrhunderts in Regensburg entstandenen Kaiserchronik (Verse 14791 ff.):

Nû will ich iu sagen umbe den bûman,/ waz er nâch der pfaht sollte an tragen:/ iz sî swarz oder grâ,/ niht anders reloubet er dâ;/ gêren dâ enneben,/ daz gezomet sînem leben;/ sînen rinderînen scuoch,/ dâ mit ist den genuoch;/ siben elne zu hemede unt zu bruoch,/ rupfîntuoch. ist der gêre hinden oder vor,/ sô hât er sîn êwerch verlorn.“ (MGH SS Dt. Chron. 1,1, S. 349)

Übersetzung (F. Brenker): „Nun will ich Euch vom Bauern sagen,/ was er tragen soll nach der Pflicht./ Es sei schwarz oder grau,/ nichts anderes ist ihm erlaubt./ Geren an der Seite,/ das geziemt seinem Leben,/ und rindslederne Schuhe,/ damit ist es genug./ Sieben Ellen für Hemd und Bruoche,/ aus rauem Tuch./ Ist die Gere hinten oder vorn,/ So hat er sein Recht verloren.

Um die Wirkkraft dieser Vorschrift zu verstärken, behauptete der Dichter, dass dieses Gesetz auf Karl den Großen selbst zurückginge – eine im Mittelalter unangefochtene Autorität.

Über ein Jahrhundert später schrieb Seifried Helbling (Wien, Ende 13. Jh.):
dô man dem lant sîn reht maz,/ man urloub im hûsloden grâ/ und des vîrtages blâ,/ von einem guoten stampfhart./ dehein varwe mêr erlubt wart/ im noch sînem wîbe." (Ed. Seemüller, 1886, Kap. 2, v. 60-77, S. 68 f.)

Übersetzung (F. Brenker) „Als man dem Land das Recht gab,/ erlaubte man ihm [dem Bauern] Hausloden grau/ und am Feiertage blau/ von einem guten Loden./ Keine Farbe mehr war erlaubt,/ weder ihm noch seiner Frau."

Da diese beiden Texte das frühe 13. Jahrhundert einklammern, werden diese Regeln so grob auch damals gegolten haben, wenngleich es sicher auch genug Verstöße gab:-).

Eine andere Autorität, der juristisch gebildete Papst Innozenz III. brachte eine weitere Kleidervorschrift auf den Weg: Mit dem 4. Laterankonzil 1215 wird für Juden das Tragen des Judenhutes als Erkennungsmerkmal festgeschrieben.


Die Mode


Das Obergewand
Im Stoffschnitt sind die Obergewänder (mhd. roc) aller Stände sehr ähnlich. Sie sind beim Mann etwa knielang, bei der Frau über bodenlang. Für alle Bevölkerungsschichten treten im ganzen Hochmittelalter enge, aber am Unterarm stark geraffte Ärmel auf. Nicht nur für Edeldamen lassen sich im frühen 13. Jahrhundert gerade noch letzte Ausläufer der Trompetenärmel aufzeigen. Für den adeligen Herren gibt es statt dessen einen etwas weiteren Rock mit etwa 3/4-Ärmeln und breitem Rand. Generell gehören Borten an Halsausschnitt, Handgelenk und Saum noch durchaus zum Schmuck der finanzstärkeren Leute. Dies sollte sich in den folgenden Jahrzehnten ändern. Archäologische Funde zeigen, dass spätestens im 12. Jahrhundert der sogenannte Schnitt einsetzt. Um die Gewänder der Mode entsprechend eng anliegen zu lassen, konnte nicht mehr mit einfachen Rechtecken und Dreiecken gearbeitet werden. Deswegen tritt zunächst die Armkugel auf, die vorne am Bruststück Kreissegmente entfernt und hinten am Ärmel Kreissegmente ergänzt. Der Halsausschnitt ist sehr eng und hat eine D-, V- oder Viereck-Form. Ganz selten sieht man einen mittigen Schlitz mit Schnürung. Fürspänne treten erst an frühgotischen Skulpturen und in Fundschichten des 13. Jahrhunderts häufiger auf. Die Oberkleider der hier besprochenen Gesellschaftsschichten sind wahrscheinlich stets aus Wolle.
Die Obergewänder von Adeligen werden gerne gefüttert, um etwas mehr Farbe als nur die äußere Stofffarbe zu zeigen. Diesen Futterstoff sieht man beim  Mann, wenn er geht, da die Hemden vorne und hinten oft geschlitzt sind, um das Reiten auf einem Pferd zu ermöglichen. Die vornehmen Herrengewänder sind auch knöchellang.
Um vor allem den Frauen, aber auch den Männern mehr Beinfreiheit für größere Schritte zu bieten sind seitlich große Geren eingesetzt. Diese dienen außerdem dazu, einen üppigen Faltenwurf, gemäß der Mode, zu erzeugen.

Abb. 2: Die Ende des 12. Jahrhundert entstandene Galluspforte am Basler Münster zeigt das Gleichnis der klugen und törichten Jungfrauen. Auf der linken Seite sind die klugen, zünftig gekleideten Jungfrauen. Sie tragen weite Kleider mit verhältnismäßig kurzen Trompetenärmeln sowie trotz ihrer Unvermähltheit ein Kopftuch, aus dem sich das spätere Gebende entwickelt. Die törichten Jungfrauen haben enge Ärmel und tragen ihr Haar unbedeckt, sie sind ja ebenfalls noch nicht verheiratet. Foto: fb.

Abb. 3: Ein Bauer in einem Ausschnitt aus einer um 1162 im Kloster Zweifalten hergestellten Handschrift (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek Cod.hist.fol.415 fol. 17r).*


Das Untergewand

Unter ihrer Oberkleidung tragen Frauen und Männer ein Leinengewand (mhd. hemde), welches etwas kürzer als das Obergewand ist. Es hat außerdem einen weiteren Ausschnitt. Die Geren wurden hier meist vorn und hinten mittig eingesetzt. Um 1200 ist es außerdem Mode, die Ärmel eng und deutlich zu lang zu machen, sodass sie am Unterarm starke Falten werfen. Ob die mittelalterliche Frau noch etwas darunter trägt ist nicht sicher, aber anzunehmen.

Abb. 4: Eine verheiratete Frau und eine Jungfrau bei der Feldarbeit, Zeichnung nach dem Speculum Virginum, Rheinland um 1200 (Zeichnung: fb).


Die Beinkleidung

Die Beinkleidung des Mannes im Hochmittelalter besteht nicht aus einer Hose, sondern aus einer sogenannten Bruche (mhd. bruoch) und Beinlingen (mhd. hose).
Die Bruche ist die Unterhose des Mittelalters. Sie ist im Hochmittelalter noch recht weit und wird oben mit einem Tunnelzug festgebunden. Den verschiedenen Faltenwürfen und Schlitzen entsprechend muss es mehrere verschiedene Schnittmuster gegeben haben, auch ein nur gewickeltes Tuch kommt in Betracht. Im Sommer kann sie auch als einzelnes Kleidungsstück getragen werden.
Am Tunnelzug sind außerdem seitlich die Beinlinge festgebunden. Sie sind, wie die Ärmel, möglichst enganliegend, um den Körper zu betonen. Fast alle Beinlinge besitzen einen kompletten Fuß. Wohl nur selten fehlt der Fuß komplett, oder wird durch einen einfachen Steg unter dem Fuß ersetzt. Einige spätmittelalterliche Abbildungen zeigen, dass Frauen in ähnlicher Art Strümpfe tragen, die unter dem Knie festgebunden werden. Zusätzlich gibt es für beide Geschlechter noch Socken, welche nicht gestrickt, sondern nadelgebunden sind. Nadelbinden ist eine Gewebeart, bei der dicke Wolle mit nur einer Nadel gewirkt wird. Demnach muss ständig ein neuer Faden angeknotet werden. Im Hochmittelalter sind viele verschiedene Stichmuster bekannt.

Abb. 5: Eine Frau gibt dem armen Mann ein vorn geschlitzes Hemd. Er ist nur mit einer Bruche bekleidet (Basel, Galluspforte, spätes 12. Jahrhundert) (Foto: fb).

Abb. 6: Der heilige Petrus zieht sich die Beinlinge an. Ausschnitt aus einer um 1162 im Kloster Zweifalten hergestellten Handschrift (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek Cod.hist.fol.415 fol. 56r).*


Schuhe

Schuhe bestehen damals aus Leder und werden wendegenäht. Das heißt sie werden linksherum genäht und anschließend umgestülpt. Die Damenschuhe unterscheiden sich im Hochmittelalter kaum von denen der Herrenmode. Auch im Schnitt sind sie sich sehr ähnlich, oft sogar identisch. Ob die Damenschuhe jedoch über knöchelhoch waren ist schwer zu sagen, da das Kleid die Schuhe meist überdeckt. In der Herrenmode finden sowohl solche Schuhe Verwendung, die unterhalb des Knöchels aufhören, als auch Stiefel, welche bis etwa fünf bis fünfzehn Zentimeter über den Knöchel gehen. Zum Fixieren der Schuhe dienen im frühen 13. Jahrhundert meist Schnürungen um den Knöchel und das untere Schienbein. Schnallen treten erst in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts verstärkt auf.
Hingegen der allgemeinen Vorstellung waren Schuhe im Hochmittelalter auch in den niederen Gesellschaftsschichten verbreitet. Man geht davon aus, dass etwa acht bis zehn Paar Schuhe pro Jahr getragen wurden.
Abb. 7: Rekonstruktion halbhoher "Arbeiterstiefel" und eiserner Trittdorne, wie sie vor allem in Norddeutschland und Skandinavien häufiger gefunden werden (Foto: ps).



Kopfbedeckungen

Im Mittelalter ist es üblich, dass die verheiratete Frau eine Kopfbedeckung trägt. Diese besteht in der Regel aus einem einfachen, feinen Leinentuch, das in unterschiedlichen Formen um Kopf und Hals geschlungen oder geknotet wird (vgl. Abb. 6). Darüber oder statt dessen kann ein Schleier (slôjier) getragen werden. Die adelige Dame kann darüber wiederum noch ein schapel setzen.

Abb. 8: Schon allein auf einer Seite dieser um 1162 im Kloster Zweifalten hergestellten Handschrift zeigt verschiedene Arten, ein Kopftuch zu tragen: Eine Art Schlauch (1; 3), eine Art Piratentuch (2) und ein langes, über die Schulter geworfenes Tuch (4) (Stuttgart, Württembergische Landesbibliothek Cod.hist.fol.415 fol. 25r).*

Das gebende tritt erst sehr langsam auf und ist unseres Wissens nach im ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts in Süddeutschland noch nicht zu finden. Mit dem Gebende kommen dann auch Haarnetze in Mode. Im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert gibt es jedoch schon einige Formen, die dem Gebende recht nahe kommen und sicher eine Vorstufe darstellen (vgl. Abb. 1 und 3). Diese Wickeltechniken besteht aus einem langen, vier- oder dreieckigen Tuch, das unter dem Kinn vorbei geführt und optisch dem Gebände ähnlich um den Kopf gebunden wird. Es ist aber noch kein glatter Kranz wie das typische Gebände. Vielleicht ist es das, was Hartmann von Aue im Erec (Südwestdeutschland um 1185) als wimpel bezeichnet, da er explizit beschriebt, es sei um den Kopf gebunden. Meist ist auf einer Seite ein Knoten oder ein herabfallender Stoffzipfel zu sehen. Die genaue Bedeutung der zeitgenössischen Begriffe gebende, wimpel/gimpel und slôjier sind jedoch umstritten, da etwa wimpel von französisch gimpel stammt, was dort wiederum das meint, was die deutsche Forschung heute als Gebende bezeichnet usw. Schon im Eneasroman Heinrichs von Veldekes (Maasgebiet um 1174 bis nach 1184) wird außerdem die rîse erwähnt, ein Tuch, das Kinn, Hals und Dekolté verbarg und durch einen Schleier ergänzt wurde. In der südwestdeutschen Kunst findet sie sich vor allem in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts bei adeligen Damen. Die hûbe scheint im frühen 13. Jahrhundert noch unbekannt.
Im 12. und frühen 13. Jahrhundert konnten adelige Damen das Haar in Einzelfällen auch noch offen oder zu Zöpfen geflochen tragen und lediglich mit einem Schapel bedecken.

Für die kalten Jahreszeiten gab es für beide Geschlechter die Gugel. Diese ist eine Art Kragen mit Kapuze. Der Kragen kann entweder nur den Hals bedecken, oder sogar bis über die Ellenbogen reichen. Die Gugel wärmt so Kopf und Hals und übernimmt auch die Funktion eines Schals. Im Hochmittelalter sind Gugeln noch nicht mit langen Kapuzenzipfeln versehen. Da es bis ins 14. Jahrhundert noch keine Winter- oder Regenbilder gibt und die Monats- und Hirtenbilder des 12. und 13. Jahrhundert Männer zeigen, ist die Rekonstruktionen der weiblichen Schutzkleidung schwierig. 

Die Herrenmode um 1200 kennt außerdem noch den Filzhut. Mit und ohne Krempe findet er sich auf zahlreichen Abbildungen dieser Zeit. Da er auch wasserdicht ist, lässt er sich bei fast jeder Witterung einsetzen.

Die Bundhaube kommt erst um 1210 in Süddeutschland auf und spielt in unserem Zeitraum noch keine Rolle.



Gürtel

Der Gürtel (mhd. gürtel/riemen) dieser Tage ist noch schmal. Jener der einfachen Leute ist kurz; eine herabhängendes Riemenende sieht man fast nie. Verschlossen wird der Gürtel mit einer einfachen Viereck- oder D-Schnalle aus Eisen.
Für ärmere Menschen kommt auch eine einfache Schnur oder Kordel in Frage.
In der Mode des Adels spielt der Gürtel in der Romanik noch keine so zentrale Rolle wie in der Hoch- und Spätgotik. Gürtel sind meist recht schmal und verschwinden oft in der Gewandfalte. Jedoch können herrschaftliche Gürtel aus brettchengewebten Seidenbändern bestehen oder mit Schnallen aus Bunt- und Edelmetallen, meist Bronze, versehen sein. Letztere sind oft reichlich mit Reliefs oder Emaileinlagen verziert. Gürtelstrecker und Beschläge kommen erst allmählich in Gebrauch und sind bis 1230 noch sehr selten.


Taschen

Da die Beinlinge und das Kleid keine "Hosentaschen" aufweisen behilft man sich im Hochmittelalter mit unterschiedlichen Taschen.
Umhängetaschen, welche mit einem Stoffriemen über die Schulter gelegt werden dienen zum Transport der Dinge des täglichen Bedarfs. Solche Taschen werden oft auch von Reisenden und Pilgern benutzt.

Bargeld trägt, wer überhaupt welches besitzt, in kleinen Stoff- oder Lederbeuteln herum. Da diese auf Abbildungen in vorgotischer Zeit kaum auftreten, wird man sie wahrscheinlich unter dem Hemd am Buochengürtel festgebunden haben, wie man es von Abbildungen und Skulpturen des 13. Jahrhundert kennt. Damit waren sie auch sicherer vor Dieben, die nicht einfach die Schnur durchtrennen konnten. Wann genau die verzierten Almosenbeutel aufkamen, ist schwer zu sagen, sie finden sich zumindest fast immer an den ab 1230 auftretenden Grabskulpturen adeliger Männer und Frauen. Sie treten auch kunstvoll bestickt, oder elegant in Falten gelegt auf. Sie werden an einer Schur, die die Öffnung zusammenrafft, am Gürtel aufgehängt.

Häufiger, wenngleich dem Fundgut gegenüber unrealistisch selten, sieht man Messer in einem Futteral am Gürtel von Männern aller Stände hängen.

Abb. 9: Rekonstruierte Messerfutterale. Links nach der sogenannten slawischen Machart in Anlehung an einige west- und mitteldeutsche Grabmäler um 1230/1250 mit einem Beschlag aus Ulm. Rechts nach einem der weniger Funde der Zeit um 1200 aus London. Punzierungen scheinen erst im späten 13. Jahrhundert aufzukommen.


Mäntel

Gegen Kälte und Regen schützten sich die Bauern und Hirten den süddeutschen Bildzeugnissen entsprechend im frühen 13. Jahrhundert vor allem mit der Cappa, einem runden oder ovalen Mantel mit mittigem Kopfloch und Kapuze. Frauen hingegen sind selten mit winterlichen Mänteln zu sehen. Sie tragen dafür relativ häufig Rechteckmäntel, deren über die Schulter gelegte Ecken bis unter die Brust zusammen genäht sind. Diese Form ist auch gelegentlich bei Männern zu finden.
Für die Reichen der Gesellschaft fällt der Mantel (mhd. mandel/mantel/kappe) etwa knöchellang aus und ist meist gefüttert, im Hochadel auch mit Feh und anderen Pelzen. Verschlossen werden sie vor allem bei Männern häufig durch Fürspänne. Leichte, auch seidene Mäntel haben im Adel keine Schutzfunktion mehr gegen Regen oder Kälte, sie sind viel mehr auch im Sommer und selbst beim Essen ein modisches Accessoire. Als typisches Übergangsphänomen des ersten Viertels des 13. Jahrhunderts tritt der sogenannte Schnurmantel auf, bei dem der Mantel nur mehr über die Schultern gelegt wird. Vor der Brust wird er von einem oder mehreren Schnüren zusammen gehalten. Eine Weiterentwicklung ist der Tasselmantel, der mit einem Band und zwei Broschen (mhd. tassel) verschlossen wird. In den südwestdeutschen Quellen der Zeit tritt er auch noch recht selten und wenn, dann bei Frauen auf, etwa im Tristan Gottfrieds von Straßburg oder in der Burgkapelle von Hocheppan (beide um 1210).


Sporen

Zum zivilen Auftreten des Ritters gehören ebenso Stachelsporen, wie im Krieg. Sie sind Zeichen seines Standes und lassen sich auf vielen hochmittelalterlichen Abbildungen von höfischen Szenen finden. Entgegen den Erwartungen sind vergoldete Sporen so selten, dass sie statistisch nicht in Gewicht fallen. (vgl. Waffen und Rüstung)
Abb. 10: Rekonstruktion und Original aus Wilsndorf (vor 1233); Mit freundlicher Genehmigung Fr. Nauck, Museum Wilnsdorf.



Verdeutlichung am Beispiel unserer Darstellung


Umsetzungsversuch der Frauenkleidung der niederen Gesellschaftsschichten:


-einfach gefärbtes Wollkleid
-leinenes Untergewand
-Kopftuch
-Ledergürtel


Umsetzungsversuch der Männerkleidung der niederen Gesellschaftsschichten im Alltag und bei schlechter Witterung:


-einfach oder ungefärbte Wollhemden
-leinenes Unterhemd
-naturbelassene Beinlinge und genadelte Socken
-kurzer Ledergürtel
-über knöchelhohe Schuhe/Stiefel
-Umhängetasche
-kurzer Rechteckmantel aus naturbraunem Loden
-Gugel
 

Rekonstruktionsversuch der Kleidung eines niederen Adeligen, oder eines Ministerialen in der Spätromanik:



-langes, teuer gefärbtes und geschlitztes Wollhemd
-enganliegende bestickte Beinlinge
-dünner Ledergürtel mit Messingschnalle und -zungenblech
-Almosenbeutel
-offene verzierte Schuhe
-gefütterter Radmantel mit Fürspann


* Die Digitalen Sammlungen der Württembergischen Landesbibliothek sind unter Creativ Commons frei nutzbar.
 

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